30 Mai, 2024
Im April war es endlich soweit und wir haben unsere lang erträumte Reise durch Japan gemacht. Für 4 Wochen haben wir die Hauptinsel Honshu und die südlich angrenzende Insel Kyushu erkundet. Viele Menschen meinten vor unserer Reise durch Japan, dass ich mich dann ja auch biertechnisch in Urlaub begeben würde. Der bierstolze Deutsche geht halt immer davon aus, dass er der Bier Nabel der Welt ist. Tatsächlich war Craftbier einer der vielen Gründe, warum ich schon immer nach Japan wollte. Gerade in den letzten Jahren hat sich das Land der aufgehenden Sonne in ein Land der aufsteigenden Mikrobrauereien gewandelt. Das Craftbier-Zentrum des Landes - die Insel Hokkaido und die Stadt Sapporo, haben wir dieses Mal leider nicht geschafft. Zu viele Dinge gibt es zu entdecken und es muss ja auch noch Ziele geben, um einmal wiederzukommen. Dem geneigten Bierliebhaber bleibt auch in Deutschland der gute Ruf des japanischen Craftbiers nicht verborgen. Der Ruf eilt ihm voraus, denn tatsächlich schafft es kaum eine japanische Craft-Brauerei in die deutschen Bottle Shops. So hatte ich gerade mal drei Brauereien gekostet, bevor wir uns auf die Reise machten. Hitachino, Codeo und ein leckeres Yuzu-Bier von Rio-Brewing aus Tokio. Doch was macht japanisches Craftbier aus? Craftbier ist grundsätzlich und auch in Japan bunter und vermeintlich kreativer als die Asahis und Kirins dieser Welt. Japaner sind ihr ganzes Leben umgeben von buntem Marketing, niedlichen Maskottchen und ihren liebsten Animé-Figuren. Außerdem haben die Japaner grundsätzlich eine wesentlich größere Geschmackspalette als der Mitteleuropäer. Wer einmal die fermentierte Sojabohne “Natto” probiert hat, den alle Kinder liebend gern zum Frühstück essen, weiß ungefähr, wovon ich spreche. Da passen die kreativen Designs und die abwechslungsreichen Geschmäcker von Craftbier genau ins Bild. Die Mikrobrauereien in Japan sprechen damit ganz selbstverständlich eine Zielgruppe an, die in Deutschland wirklich schwer zu erreichen ist. Frauen zwischen 30 und 45. Trifft man im deutschen Taproom eher bärtige Nerds, sind es in Tokyo, Kyoto und Yokohama Frauen, die sich im Taproom mit einer Freundin treffen und gepflegt ein schönes West Coast IPA schnabulieren. Hielt ich es am Anfang für Zufall, stellte ich schon nach einigen Tagen fest, dass das ganze System hat. Ebenso spannend ist die Tatsache, dass jede Stadt ihre lokale Mikrobrauerei hat und je nach Größe gibt es mehrere Player. Der Markt und die Nachfrage sind gut entwickelt und so lohnen sich auch größere Investitionen in Brauanlagen und schönes Inventar für einen Taproom in City-Lage. Dies gilt für kleinere Großstädte in Kyushu, genauso wie für Metropolen wie Kyoto, wo man sich quasi die Straßen rauf und runter probieren kann. Die Vielfalt ist unglaublich. Ein Fun Fact zu dieser Bierreise: ich habe selten so viel Altbier vom Fass getrunken wie in den 4 Wochen in Japan. Man muss dabei natürlich im Hinterkopf behalten, dass ich in Köln wohne, wo einem immer noch Prügel droht, sollte man es wagen, ein Altbier zu bestellen. Aber es ist wirklich erstaunlich, wie sehr die Japaner Traditional German Ale (sprich: Alt, Kölsch, Berliner Weisse und Gose) trinken und die Brauer sich austoben. In Ermangelung entsprechender Referenz-Biere sind die Kreationen jedoch häufig weit entfernt vom Original. Aber was solls? So habe ich doch endlich mal ein Kölsch getrunken, das wirklich lecker war ;). Besonders aufgefallen ist mir eine Sache, um die Biersommeliers in Deutschland immer noch kämpfen. Fast jede Brauerei drückt ein Flavour Profile seiner Biere auf die Karte und gibt zusätzlich Anhaltspunkte über den Geschmack des Portfolios, indem es die Biere in ein Geschmacks-Koordinatensystem einordnet. Im japanischen Taproom kommt die Speisekarte ganz selbstverständlich mit der Bierkarte zum Gast. Wer Bier trinken will, muss auch gut essen. Das haben die Japaner sehr gut verstanden und bieten tolle, häufig westlich orientierte Gerichte. Da schlägt mein Foodie-Herz direkt höher: Es gibt fast immer Beer-Foodpairing Empfehlungen in der Karte. Ein Träumchen :). Craftbier in Japan - Mein Fazit 1. Japan hat wesentlich mehr Craftbier Gastronomie als Deutschland 2. Eine wichtige Zielgruppe sind Frauen 3. Fast jede Stadt hat eine lokale Brauerei mit Taproom 4. Die Japaner stehen total auf deutsche Bierstile 5. Flavour-Profile und Beer-Foodpairing Empfehlungen gehören in Japan ganz selbstverständlich auf die Karte Ich habe Euch eine kleine bierige Japan-Rundreise zusammengestellt. Wer wirklich einmal nach Japan fährt, kann sich auch gerne meine Google-Liste Craftbeer in Japan anschauen. Die gibt Orientierung und Anhaltspunkte für Taprooms, Brauereien und Bottleshops. Bierreise durch Japan - meine Top Ten in 10 Locations: Tokio - Die größte Stadt der Welt